Habs-Burger & Schmaus-Waberl oder: Meine Eier g´hörn der Kaiserin!

Was ist ein Schmaus-Waberl und warum?
Also, die Geschichte, die geht so: Frau Barbara Roman, geborene Wißmayer, verwitwet nach einem herrschaftlichen Husaren, mietete sich Anfang des 19. Jahrhunderts in einem Bürgerhaus in der Neustiftgasse im siebten Wiener Gemeindebezirk ein. Dort führte sie das Gasthaus „Zum Goldenen Schiff“.

Wien Museum

Durch geschicktes Networking hatte sie Beziehungen zum kaiserlichen Hof der Habsburger in Wien aufgebaut. Dadurch war es ihr allmählich gelungen, die Reste von den Mahlzeiten aus der kaiserlichen Küche zu einem günstigen Preise zu erwerben. Diese „höfischen“ Speisen bot sie dann in ihrem Gasthaus an – ein Konzept, das dermaßen gut aufging, dass sie bald Teile des Bürgerhauses kaufen konnte. Und weil es bei ihr so gut schmeckte, erhielt sie den Spitznamen „Schmaus-Waberl“, wobei Waberl eine Koseform von Barbara ist.

Diese Geschichte wurde schließlich Mitte des 19. Jahrhunderts im Roman „Maria Theresia und die Schmauswaberl vom Spittelberg“ verarbeitet. Ich habe mir dieses Buch aus dem digitalen Bestand der Österreichischen Nationalbibliothek besorgt, es handelt sich dabei um eine Reihe von Kurzgeschichten, die fast alle die Güte des kaiserlichen Hofes in Wien zum Thema haben.

Der Milchbruder des Kaisers
Das erste Kapitel beginnt an einem heißen, schwülen Sommertag, „aus dem wolkenlosen tiefblauen Himmel sendete die Sonne ihre versengenden Strahlen hernieder“. Die Szene spielt in Schönbrunn, wo sich sehr viele Spaziergänger eingefunden hatten, wegen der „Anwesenheit des allerhöchsten Hofes“. Unter all den Menschen findet sich auch eine abgezehrte Gestalt mit einem Säugling, die von einem kaiserlichen Angestellten flugs aus dem Park vertrieben werden soll. Das gefiel einer offensichtlich adeligen Dame, die unbemerkt herangetreten war, gar nicht. Sie hört der armen Frau mit dem hungrigen Kleinkind zu – und tut was? Natürlich stillt sie sofort den Säugling der Bettlerin mitten im Schönbrunner Schlossgarten.

Und auch die arme Frau namens Barbara Schwab, die mit ihrem Manne eine Kaffeeschank am Spittelberg führte, die aber fast ruiniert ist, weil dieser seit drei Monaten im Spital liegt, wird mit Speisen versorgt. „Ach, wenn ich nur immer die Überreste dieser köstlichen Tafel haben könnt! Wie glücklich würd´ ich mit meinem Kinde sein!“

Martin van Meytens: Maria-Theresia; um 1755

Nachdem alle satt sind, erzählt die junge Frau, dass sie schon länger die Idee hatte, mit dem kaiserlichen Hofviktualienmagazin ins Geschäft zu kommen. Sie hatte gehört, dass bei Hofe viele Speisereste weggeschmissen werden, weil nicht einmal die gesamte Dienerschaft alles aufessen kann. „… wenn ich so die Überrest´  von die Hoftafeln um ein Billig´s bekäm, könnt´ ich´s wieder billig … verkaufen und die ärmere Klass´ hätt´ auch dann und wann ein gut´s Bratel, was nit viel kost! Sie heißen mich ohnehin die „Schmauswaberl“, weil´s bei mir immer was Gut´s zum Schmausen geben hat.“

Und natürlich wird der armen Frau sofort gewährt, die Reste der kaiserlichen Küche zu übernehmen, natürlich ohne etwas dafür bezahlen zu müssen und natürlich stellt sich die adelige Damen als „Ihre Majestät“ Maria Theresia, „Mutter aller Unterthanen“ heraus – ja genau so war das wohl damals!

Zehntes Kapitel, Eine Audienz bei Maria Theresia
Im Vorzimmer harrte bereits eine große Anzahl an Personen, Würdenträgern und Bittstellern aus allen Schichten des Volkes. Im Zuge der ganzen Warterei geraten ein Hofzwerg und ein ungarischer Magnat dort in einen heftigen Streit – der vom Geschnatter vieler Gänse unterbrochen wird.

„Ein seltsamer Lärm, …, aus welchem man deutlich das Geschnatter einiger Gänse unterschieden konnte, unterbrach mit einem Male den immer heftiger werdenden Streit des Magnaten mit dem Hofzwerg. Zugleich öffnete sich eine Tapetentür der Antichambre und die Kaiserin Maria Theresia, begleitet von ihrem Sohne, dem Mitregenten Kaiser Josef II., trat majestätisch ein, neugierig nach der Ursache des ungewöhnlichen Tumults sich erkundigend.“ Im selben Augenblick stürzt ein stämmiger Bauernbursch in das Gemach und ruft: „Meine Gansl´n und Eier g´hörn für die Kaiserin!“ und diese wurden von ihroselbst natürlich gnädig und ohne Tadel für das unpassende Verhalten des Lieferanten entgegengenommen. Offenbar konnten also sowohl Krethi als auch Plethi was auch immer sie wollten – tote Tiere, Lebensmittel, Briefe, selbst geflochtene Körbe – also der gnädigen Kaiserin einfach vorbei bringen … ja, sooo wird es wohl gewesen sein!


Infos & Quellen
*Harald Havas: Habsburger Sammelsurium, Pichler Verlag 2006.
*Moritz I. Bermann: Maria Theresia und die Schmauswaberl vom Spittelberg. Historischer Roman. Wien: M. Pröglhöf 1872, Digitalisiert, Österreichische Nationalbibliothek.
*Schmauswaberl: Geschichte-Wiki Wien.

Bilder:
*Neustiftgasse: C. Ledermann jun. (auch: Karl Ledermann) (Hersteller), 7., Neustiftgasse – allg., Ansichtskarte, um 1898, Wien Museum Inv.-Nr. HMW 17788/502.
*Moritz I. Bermann: Maria Theresia und die Schmauswaberl vom Spittelberg. Historischer Roman. Wien: M. Pröglhöf 1872, Digitalisiert, Österreichische Nationalbibliothek.
*Schönbrunn: anikinearthwalker, Pixabay.
*Maria Theresia: Martin van Meytens, um 1755; habsburger.net.

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