Santé! Sprudelnd lebt sich’s leichter :-)

Was klingt mehr nach Leichtigkeit, Heiterkeit und prickelnder Lebensfreude: Schaumwein oder Champagner?

Wer immer sich das Wort Schaumwein für den deutschsprachigen Markt ausgedacht hat, hätte wirklich einen Marketing- oder Kreativitätskurs benötigt!

Emilie Preyer: Stillleben mit Sommerfrüchten und Champagner, 1875

In der Malerei spielt Champagner bzw. Sekt nur eine Nebenrolle. Als Statist ist er in einigen klassischen Stillleben zu finden, fast immer in Form einer Sektschale oder eines Sektkelches, oft in Kombination mit Obst oder Meeresfrüchten. So weit, so gut – sehr schön und appetitlich anzusehen, aber jetzt nicht so wahnsinnig spektakulär.

Josef Engelhart: Loge im Sofiensaal, 1903

Interessanter wird es schon hier auf diesem wunderbaren Gemälde von Josef Engelhart. Ein beleibter älterer Herr sitzt nach einem üppigen Abendessen schon beim Nachtisch: die Orange ist geschält, eine Glasschale mit Konfekt steht bereit – und ebenso eine Dame in verführerischer Pose. Die orange Farbe der Bänder ihres Kleides findet sich bei den Früchten wieder und spiegelt sich auch in der Sektschale. Alles zusammen verbindet sich zu einem Dessert für den Herren mit Bart und Zylinderhut.

Diese Szene spielt sich in einem der Wiener Sofiensäle ab, eines ab dem 19. Jahrhundert beliebten Veranstaltungsortes für Bälle, Konzerte und vieles andere. Prickelnder Champagner oder Sekt ist hier also symbolischer Teil einer lasziven, verführerischen Inszenierung.

Es geht aber auch deutlich moderner. Im Zuge der Recherchen zum Thema habe ich herausgefunden, dass manche Produzenten von Champagner auf zeitgenössische Kunst setzen – voilà, heute das Haus Ruinart in der französischen Stadt Reims, nord-östlich von Paris.

Und nein, die wissen nichts von diesem Posting und ich bekomme da auch keine 6er Kisterln zugeschickt 🙂 (Außer ich bestelle mir selber einen meiner liebsten Rosé-Frizzante beim Winzer in Rust, bezahle die Rechnung und warte freudig auf die Lieferung 🙂

Ruinart
Ruinart, nach eigenen Angaben im Jahr 1726 gegründet, ist angeblich das älteste noch aktive Champagnerhaus und gehört mittlerweile dem französischen Luxus-Konzern LVMH Moët Hennessy Louis Vuitton SA. Der Bezug zur Kunst währt schon lange: im Jahr 1896 wurde der tschechische Grafiker und vielseitige Künstler Alfons Mucha mit der Gestaltung eines Werbeplakats für das Haus Ruinart beauftragt.

Alfons Mucha, 1896 (Ausschnitt)

Mucha war einer der begehrtesten Plakatkünstler der Belle Époque, einer der wichtigsten Vertreter des Jugendstils und so war das Ergebnis mehr als aufsehenerregend und wurde sogar in Kunstausstellungen gezeigt.

Mittlerweile wurden bei Ruinart mehrere Programme im Bereich zeitgenössischer Kunst entwickelt. Unter dem Motto „Carte Blanche“ wird beispielsweise regelmäßig ein zeitgenössischer Künstler (konnte keine Künstlerin entdecken…) nach Reims eingeladen, um die Arbeit, das Haus, die Marke und deren Werte kennen zu lernen – und darauf mit einer künstlerischen Arbeit zu antworten.

Und weil das mit dem Copyright sehr oft schwierig ist, hier nur ein Screenshot von einer der Arbeiten im „Carte Blanche“-Programm.

Liu Bolin, 2018, Screenshot Ruinart Website

Parallel dazu bestehen weitere spannende Kunst-Programme im Champagnerhaus Ruinart, wobei immer wieder Werte wie Nachhaltigkeit, Klimawandel bzw. auch der Dialog zwischen Kunst, Technologie, Natur, Innovation und Kreativität herausgestellt werden.

Was mir hier gefällt, ist die Wertschätzung der Kunst gegenüber. Diese wird nicht als Dekoration, als ledigliche Behübschung für den Verkostungsraum gesehen – sondern als wesentlicher Teil einer modernen Kommunikation, sowie als Möglichkeit, auf die auch für Wein- und Champagnermacher herausfordernden Themen unserer Zeit aufmerksam zu machen.

Und Kunst tritt hier auch in einen Dialog mit Essen: Köche (auch hier konnte ich keine Frau ausfindig machen…) beziehen sich beispielsweise mit einem mehrgängigen Menü auf das jeweils aktuelle Kunstwerk aus dem Carte Blanche-Programm. Food For Art nennt sich die Begegnung zwischen Kunst & Kulinarik – und davon sollte es unbedingt mehr geben.

ArtFood: Essen mit Kunst.

PS: Sprudelnde Weine werden in zahlreichen Ländern erzeugt, es gibt sie in den unterschiedlichsten Qualitäten. Je nach Weingebiet, Traubensorte, gesetzlicher Grundlage bzw. Produktionsprozess erhält man beispielsweise Prosecco, Cava, Cremants, Sekt – oder eben Champagner.

Die Bezeichnung Champagner dürfen allerdings ausschließlich jene Sprudelweine tragen, die im französischen Weinbaugebiet Champagne nach einer genau definierten Methode, der méthode traditionnelle oder méthode champenoise, hergestellt werden.

Spanischer Cava beispielsweise oder auch Qualitätssekt aus Österreich werden ebenfalls nach dieser Methode produziert – dürfen sich aber nicht Champagner nennen.


Infos & Quellen
*Champagnerhaus Ruinart: Ruinart & Art.
*Details zum Werbeplakat von Alfons Mucha für Ruinart: YouTube (1m 53s).

Bilder:
*Titelbild: Gerhard, Pixabay.
* Emilie Preyer: Stillleben mit Sommerfrüchten und Champagner, 1875. Wikimedia.
*Josef Engelhart: Loge im Sofiensaal, 1903. Wien Museum Inv.-Nr. 45641, CC BY 4.0, Foto: Birgit und Peter Kainz bzw. Wikimedia.
*Flaschen & Gläser: Dariusz Sankowski, Pixabay.
*Sektschalen: Myriams-Fotos, Pixabay.
*Werbeplakat für Ruinart: Alphons Mucha, 1896. Wikimedia.
*Ruinart Carte Blanche: Liu Bolin, 2018. Screenshot.
* Sektgläser: Gerhard, Pixabay.

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